AUF DEN SPUREN ROALD AMUNDSENS
AUF DEN SPUREN ROALD AMUNDSENS
55. Resietag
Tromsø (69°39,10´N, 018°57,41´E)
AUF DEN SPUREN ROALD AMUNDSENS
Der Countdown läuft.
Nach erneutem Wetterrouting am Morgen verschieben wir die für Mitternacht geplante Abreise um 10 Stunden auf Sonntagmorgen. Ein kräftiges Sturmtief schickt uns mit bis zu 8 Bft (40 Knoten) Windstärken einen rauen Gruß aus Osten. Addiert mit der Bootsgeschwindigkeit wären das 50 Knoten (scheinbarer Wind). Das muss nicht sein. Wir hoffen das Unangenehmste durch einen späteren Start zu umgehen.
Zunächst aber begrüßen wir heute Lis Lindal Jørgensen und Per Arnepage von Institute of Marine Research bei uns an Bord. Die drei Stunden unseres intensiven Gesprächs und Interviews mit den beiden sehr sympathischen Biologen sind geprägt von ihrer Sorge über die gravierenden Auswirkungen der Erderwärmung auf die verletzliche Polarregion. Themen wie neue Schifffahrtsrouten durch ehemals durch Packeis versperrte Regionen, Ausweitung des Fischfangs in zuvor unzugänglichen Gebieten und der dauernde Hunger nach weiteren Ölquellen und unterseeischen Mineralien werden erörtert. Ob auch in dieser Region die wirtschaftlichen Interessen alles andere überragen werden? Aber auch aus sehr persönlichen Fragen, was ihnen für ihr Leben am wichtigsten sei, ergibt sich eine angeregte Diskussion. Der bereichernde Austausch ist ein sehr schöner Start in den Tag.
Am Nachmittag besuchen wir das berühmte Polarmuseum, fünf Minuten Fußweg vom Schiff entfernt. Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf der Entdeckung und Besiedelung Svalbards sowie der Hauptinsel Spitzbergens, der Jagd auf Robben, Walross und Eisbär und den vielen Expeditionen in die Polarregion, die in Tromsø ihren Ausgangspunkt nahmen. Allen voran natürlich der Norwegische Nationalheld Roald Amundsen. Absolut unwirklich, dass wir morgen selbst in diese Regionen aufbrechen werden.
Noch zeigen die aktuellen Eiskarten »very close drift ice« in der Hinlopenstraße östlich Spitzbergens. Die müssen wir auf unserer geplanten Umrundung Spitzbergens passieren. Wenn´s so bleibt, wird das nicht gehen. Die MAREVIDA ist zwar eisverstärkt gebaut, aber das Risiko bei einer so dichten Bedeckung mit kräftigen Eisschollen in eine für unser Schiff und unser Leben gefährliche Eispressung zu geraten, ist zu hoch. Noch haben wir aber 10 Tage Zeit, bis wir dort sein wollen. Morgen erwartet uns erst einmal die Barentssee mit vier bis fünf Meter Wellenhöhe und zumindest nach der aktuellen, nächtlichen Wettervorhersage in den ersten 10 Stunden immer noch 40 Knoten Wind aus Ost. Nun denn …